Lernen und Arbeiten im 21. Jahrhundert

Fachkongress des ddn-Netzwerks Hamburg zur Digitalisierung der Arbeitswelt

24.09.2020

Neue Erkenntnisse beim Branchenforum Einzelhandel

Digitale Weiterbildung ist auch im Handel essentiell
© iStock/izusek

Welche Weiterbildungen benötigen Mitarbeiter/-innen im Einzelhandel, um mit der Digitalisierung Schritt zu halten? Das KWB-Projekt "Kompetenzen 4.0" brachte am 16. September Personalverantwortliche aus Unternehmen und Weiterbildungsanbieter beim ersten "Branchenforum Einzelhandel - Weiterbildung wird digital" zusammen, um gemeinsam mit Vertretern der Sozialpartner über Formen und Inhalte digitaler Weiterbildungen zu diskutieren. Im Online-Austausch wurde deutlich, dass vorhandene Weiterbildungen oft nicht den Bedarf der Unternehmen treffen.

Entwicklungsbedarf digitaler Kompetenzen wird vor allem im eigenen Unternehmen gesehen

Die teilnehmenden Personalverantwortlichen sehen Schulungsbedarf vor allem im eigenen Unternehmen, beispielsweise wenn es darum geht, firmeninternes Knowhow mit modernen, digitalen Medien selbst weitergeben zu können. Mehrfach wurde darüber hinaus angesprochen, dass es einen steigenden Bedarf an Train the Trainer Schulungen gibt, um komplizierte Sachverhalte verständlich zu vermitteln, bereits bestehende interne Weiterbildungen zu digitalisieren oder aber komplexe Zusammenhänge mit Erklärvideos verständlich zu vermitteln.

Weiterbildung sollte stärker in den Arbeitsalltag integriert werden

Dabei wird die Vermittlung des Lernstoffes, gerade bei komplexen Zusammenhängen, in mehreren kurzen Sequenzen bevorzugt. Idealerweise sollten daher kurze Einheiten über eine Plattform abrufbar sein. So sind sie adhoc verfügbar, wenn die Anleitung gebraucht wird. "Unsere Mitarbeiter/-innen haben keine Lust auf mehrtägige Seminare, wenn sie vom Inhalt nur 30% umsetzen können. Wir müssen die Mitarbeiter/-innen befähigen, sich gegenseitig stärker zu unterstützen", so Lis Nagel, Personalleitung der Parfümerie Schuback. Weiterbildung müsse viel stärker in den Arbeitsalltag integriert werden, sonst bestehe die Gefahr, dass Inhalte von den Lernenden nicht aufgenommen werden. Diese seien demotiviert, wenn das Vermittelte nicht unmittelbar umgesetzt werden könnte.

Wird also nur das gelernt, was unmittelbar umsetzbar ist? Peter Knutzen, Geschäftsführer von Knutzen Wohnen, erklärt es mit einem Vergleich: "Digitales Arbeiten ist wie das Lernen einer Fremdsprache. Man kann sich nur einige Vokabeln am Tag sicher merken. Bin ich im Ausland, verinnerliche ich jeden Tag zwei bis vier Vokabeln (Grundkenntnisse vorausgesetzt) und nach sechs Monaten kann ich sprechen. Mit sechs bis acht Stunden Schulung lerne ich 'vielleicht' zwanzig Vokabeln, die restlichen 400 Vokabeln kann ich nicht auf einmal behalten. Deshalb lieber Lerninhalte in ganz kleinen Dosen verabreichen. Das geht nicht in Präsenzphasen. Das bekommt man von Kollegen, oder muss sich das digital abholen."

Der Zugang zu digitalen Schulungskonzepten sollte möglichst niedrigschwellig sein

Auf Seiten der Beschäftigten braucht es außerdem niedrigschwellige Schulungskonzepte, um die Scheu vor der Digitalisierung abzubauen. Hierzu ist es notwendig, das Vertrauen der Mitarbeiter/-innen zu gewinnen, digital zu arbeiten und ihnen die Angst vor Fehlern zu nehmen. Heike Lattekamp, Landesfachbereichsleiterin Handel Hamburg von Ver.di, regte an, Beschäftigte zu befragen, was ihnen konkret weiterhelfen würde.   

Das Branchenforum zeigt: viele der aktuellen Weiterbildungen entsprechen nicht dem Bedarf

Ausschnitt aus dem Padlet des Branchenforums
Beim Branchenforum wurde eine digitale Pinnwand benutzt, um Ergebnisse transparent festzuhalten. Hier ist ein Ausschnitt zu sehen.  © KWB

Der Austausch im Branchenforum, der auch in kleinen Gruppen stattfand, wurde durch die Projektlotsin Brigitte Nolte, Geschäftsführerin vom Handelsverband Nord sowie den Projektreferentinnen Lena Schöning und Cornelia Schmidt moderiert. Unter Einsatz von virtuellen Pinnwänden konnten die Ergebnisse für alle Teilnehmer/-innen transparent festgehalten werden. Auf der Suche nach Lösungsmöglichkeiten stellten Peter Knutzen und Lis Nagel ihre Erfahrungen mit dem Einstieg in die Digitalisierung vor. Auch hier wurde deutlich, dass viele der aktuellen Weiterbildungen am Bedarf vorbei gehen. Die eingeladenen Weiterbildungsinstitute date up GmbH, Handelsakademie Rostock und cimdata Bildungsakademie GmbH nahmen die Botschaft mit. Spannend dürfte werden, welche Umsetzungsmöglichkeiten sich daraus entwickeln.

Das Projekt Kompetenzen 4.0 unterstützt als Koordinierungsstelle mit dem Format der Branchenforen Unternehmen und Bildungsanbieter dabei passgenaue Angebote zu entwickeln. Für die Umsetzung steht die kostenfreie Nutzung einer Lernplattform zur Verfügung.