Die große Online-Tagung mit Keynotes, Panels, Impulsen und Workshops zu den Themen neue Altersbilder und Age Diversity in Arbeits- und Lebenswelt.
Donnerstag, 26. Oktober 2023
10:00 Uhr bis 17 Uhr
Professorin Eva-Marie Kessler (links im Bild) arbeitet als wissenschaftliche Expertin für Gerontologie am neunten Alternsbericht der Bundesregierung mit und hat auch für die Antidiskriminierungsstelle des Bundes eine Untersuchung zu Altersbildern und Altersdiskriminierung erarbeitet. Die Ergebnisse sind wichtig für Politik und Forschung, weil unsere Bilder von Alter sich auf unser Verhalten und unsere Einstellung zu Älteren auswirken. Professorin Eva-Marie Kessler hält die Keynote der Online-Tagung Change Maker 50+ am 26. Oktober 2023. Nicole Schmutte, NDR, ist Beirätin der Online-Tagung und befragte sie schon jetzt zu ihrem Forschungsthema.
Zunächst einmal muss man feststellen, dass tendenziell immer noch wenig Wissen über Altern und ältere Menschen vorhanden ist. Vieles, was in den Köpfen über das Thema verankert ist, basiert auf verallgemeinernden Annahmen und gefühlsmäßigen Überzeugen, die kulturell eine lange Tradition haben.
In unserer Studie stimmte jeweils eine Mehrheit der Befragten (eher) zu, dass die meisten alten Menschen durch gesundheitliche Probleme im Alltag stark eingeschränkt und einsam seien, sich nicht mehr auf Veränderungen einstellen könnten und daher Jüngeren unterlegen seien. Andererseits ist die überwiegende Mehrheit der Befragten (94 Prozent) der Überzeugung, dass es möglich sei, im Alter geistig und körperlich fit zu bleiben. Auch wird alten Menschen mehrheitlich ein gelassener und besonnener Umgang mit wichtigen Fragen des Lebens zugesprochen. Insgesamt sehen wir also, dass die Bilder über ältere Menschen zwiespältig sind.
Nach den Ergebnissen unserer Studie haben alte und vor allem sehr alte Menschen ein komplexeres und auch ambivalenteres Bild von alten Menschen und dem Alter(n) als junge Erwachsene. Häufiger als in den Vorstellungen junger Menschen erachten sie persönliche Reife als einen typischen Entwicklungsgewinn im Alter. Gleichzeitig sind Altersbilder bei hochaltrigen Personen ebenfalls häufiger negativer ausgeprägt, insbesondere hinsichtlich der Annahme, dass Einschränkungen und Einsamkeit im Alter zunehmen und die Flexibilität abnimmt.
Im Vergleich zu jungen Menschen hatten in der Befragung alte und vor allem sehr alte Befragte eine weniger kritische Sicht auf die gesellschaftliche Stellung alter Menschen und ihren Beitrag zum Gemeinwesen und sahen alte Menschen seltener als Verhinderer/-innen des gesellschaftlichen Fortschritts – junge Befragte waren nämlich sogar klar mehrheitlich der Auffassung, dass ältere Menschen zwar keine ökonomische Belastung für die Gesellschaft seien, wohl aber dass sie gesellschaftliche Entwicklungen, etwa im Bereich des Klimaschutzes, blockieren würden. Auffällig in der Studie war der hohe Anspruch älterer Befragter an die eigene Altersgruppe, sich selbst zu bescheiden und nicht zur Last zu fallen.
Junge Menschen fühlen sich aufgrund ihres jungen Alters häufig diskriminiert, wenn ihnen Wissen und Erfahrung abgesprochen werden, und sie dadurch für sich selbst etwa schlechtere Chancen für berufliches Vorankommen und politische Einflussnahme erleben.
Das Diskriminierungserleben älterer Menschen bezieht sich dagegen häufig darauf, dass in unserer Zeit viele Dienstleistungen wie Bankgeschäfte nur noch digital zu erledigen sind und dass sie bei medizinischen Dienstleistungen benachteiligt werden. Dabei muss man allerdings sagen, dass sich interessanterweise ältere Menschen, gerade die "jungen Alten", seltener aufgrund ihres Alters diskriminiert fühlen als junge Erwachsene. Das hat sicher viele Gründe, einer könnte aber der sein, dass es Menschen traurigerweise als normal erleben und teilweise sogar als gerechtfertigt, wenn sie gegenüber jüngeren Menschen schlechter gestellt werden.
Die Erkenntnis, dass in der Lebensphase "Alter" Entwicklung möglich ist und dass sie besondere Qualitäten hat, ist eigentlich eine Mehrheitsmeinung. In unserer Studie waren drei von vier Befragten der Auffassung, dass die Lebensphase Alter gestaltbar ist, und genauso viele betrachteten das höhere Lebensalter als Phase der Weisheit und Gelassenheit.
Es soll aufgezeigt werden, wie die politische, soziale und kulturelle Beteiligung und Einflussnahme älterer Menschen an und in unserer Gesellschaft ermöglicht werden kann. Der Neunte Altersbericht ist in diesem Sinne kein Bericht mit einem Schwerpunktthema wie vorangehende Altersberichte (etwa Achter Altersbericht: Digitalisierung), sondern ein allgemeiner Bericht über Teilhabebarrieren und -chancen älterer Menschen.
Die Lebenssituationen einzelner Gruppen werden besonders hervorgehoben, insbesondere ältere Menschen mit Migrationshintergrund und LSBTIQ. Uns ist dabei die intersektionale Perspektive wichtig: Es wird herausgearbeitet, wie verschiedene Dimensionen sozialer Ungleichheit zusammenwirken und sich verstärken. Insgesamt wird der Neunte Altersbericht eine starke empirische Fundierung haben. Für den Bericht werden umfangreiche Sonderauswertungen bestehender Datensätze gemacht, es werden dabei auch Daten- und Forschungslücken aufgezeigt werden.
Das Interview mit Frau Professorin Eva-Marie Kessler führte Nicole Schmutte, NDR, Beirätin der Online-Tagung Change Maker 50+.
Seien Sie bei der großen Online-Tagung Change Maker 50+ mit Keynotes, Panels, Impulsen und Workshops zu den Themen neue Altersbilder und Age Diversity in Arbeits- und Lebenswelt dabei!
Gemeinsam wollen wir moderne Auffassungen vom Altern, vom jungen wie hohen Alter und von den Altersstufen in ihrer Vielfalt in den Fokus nehmen. Zukunftsgerichtete Altersbilder können aktiv für eine Viel-Generationen-Gesellschaft werben.
Uns bewegt das Ziel, ein nachhaltiges Generationen-Management in Unternehmen voranzutreiben, in dem Menschen, egal welchen Alters, die gleichen Möglichkeiten und Chancen haben, sich weiterzuentwickeln.
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Susanne Sabisch-Schellhas
Tel.: 040 334241-415
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