Lösungsfinderin der inklusiven Arbeit

"Hallo, wie kann ich Ihnen helfen?" Dieser Satz ist für Heidi Burmeister keine leere Begrüßungsfloskel, sondern eine ernst gemeinte Frage. Als Referentin beim Technischen Beratungsdienst des Integrationsamts berät sie Arbeitgeber, Schwerbehindertenvertretungen sowie Menschen mit Handicap zu Themen des inklusiven Arbeitsalltags. Viele Unternehmen nutzen vor allem die Empfehlungen der Ingenieurin zu technischen Hilfsmitteln. Im Interview erklärt sie, wie die Digitalisierung inklusiv wirkt, wie Handicaps ausgeglichen werden können und warum Unternehmen Menschen mit Behinderung beschäftigen sollten.

KWB: Frau Burmeister, was sind die Angebote des Technischen Beratungsdienstes?

Heidi Burmeister: Meine Kollegin und ich beraten in allen Fragen der Arbeitsgestaltung schwerbehinderter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Darüber hinaus finden oder entwickeln wir individuelle technische und organisatorische Lösungen für sie.

KWB: Mit welchen Fragen kommen Unternehmen häufig auf Sie zu?

Heidi Burmeister: Die Anlässe für eine Beratung sind sehr vielfältig. Wenn neue Technik oder Software eingeführt wird, kann es beispielsweise zu Schwierigkeiten und Fragen kommen. So hatte ich einen Fall, bei dem es für sehgeschädigte Beschäftigte unmöglich war, mit der neuen Software zu arbeiten, da die Kontraste und Schriftgrößen nicht mehr behinderungsgerecht einstellbar waren.

KWB: Wie verläuft ein klassischer Beratungsprozess?

Heidi Burmeister: Um das vorgetragene Problem zu analysieren, machen wir uns immer erst ein Bild von der Situation am Arbeitsplatz. Wir untersuchen die verwendeten Arbeitsmittel oder -hilfen und lassen uns die zu erfüllenden Aufgaben genau darlegen. Außerdem verschaffen wir uns einen Eindruck von der Arbeitsumgebung sowie den Fähigkeiten und Fertigkeiten der schwerbehinderten Person. Dabei ist uns das Gespräch mit allen Mitarbeitenden, die von dem Problem und seinen Konsequenzen betroffen sind, sehr wichtig.

Wenn es darum geht, technische und organisatorische Lösungen anzubieten, spielt die Profilmethode eine wichtige Rolle. Dabei werden systematisch die Anforderungen des konkreten Arbeitsplatzes den vorhandenen Fähigkeiten des behinderten Menschen gegenübergestellt. Es werden körperliche Anforderungen, Umgebungseinflüsse, Gefährdungspotenziale, Schlüsselqualifikationen und weitere Kriterien geprüft. Wir Ingenieurinnen vom Beratungsdienst tauschen uns dann mit Fachleuten vor Ort wie dem Betriebsarzt und der Sicherheitsfachkraft aus, um alle wichtigen Informationen zusammenzutragen und auszuwerten. Das Ergebnis des Profilabgleichs konkretisiert, wo Handlungsbedarf besteht. Wir zeigen anhand dessen Lösungswege und -mittel auf, um den Arbeitsplatz entsprechend zu gestalten.

KWB: Inwiefern spielt die Digitalisierung eine Rolle bei der Inklusion?

Heidi Burmeister: Die Digitalisierung erleichtert das Leben von Menschen mit und ohne Behinderung gleichermaßen. Zum Beispiel ermöglicht die Raumsteuerung, mit der das Licht angeschaltet, die Heizung hochgedreht und die Jalousie runtergefahren werden kann, nicht nur Gehbehinderten oder Blinden, sondern allen Menschen die Bedienung der Geräte, ohne auch nur einen Schritt zu gehen. Ein Navigationsgerät im Smartphone hilft auch einem sehbehinderten Menschen, seinen Weg zu finden. Digitale Hilfsmittel schaffen teilweise Inklusion, ohne dabei groß aufzufallen.

KWB: Welche Erfahrung hat Sie im Rahmen Ihrer Arbeit beim Technischen Beratungsdienst beeindruckt?

Heidi Burmeister: Die hohe Motivation der Betroffenen, arbeiten zu wollen, beeindruckt mich immer wieder. Gerade Menschen mit schwersten Behinderungen sind oft besonders motiviert, ihre Arbeit zu leisten. Jeder Fall und jeder Mensch ist anders – man weiß nie, was einen erwartet. Das macht die Arbeit so spannend.

KWB: Was nehmen Ihre Kunden/-innen als größten Vorteil in der Zusammenarbeit mit dem Technischen Beratungsdienst wahr?

Heidi Burmeister: Oft kümmern sich Beschäftigte neben ihren ursprünglichen Aufgaben noch um die behindertengerechte Ausstattung eines Arbeitsplatzes. Es fehlt ihnen häufig an Erfahrung und auch an Zeit, sich genauer mit dem Thema zu befassen. Daher sind sie froh über meinen professionellen Rat und dankbar für die Unterstützung.

KWB: Warum sollten Unternehmen Menschen mit Behinderung beschäftigen?

Heidi Burmeister: Unternehmen tun gut daran, ihr erfahrenes Personal zu halten und Ausbildungsplätze zu besetzen – Handicaps lassen sich ausgleichen. Sie sollten auf Vielfältigkeit jeglicher Art achten, da sonst keine Bewegung entsteht und nur eindimensional gedacht wird.

KWB: Vielen Dank für das Interview!

Kontaktmöglichkeiten sowie weitere Informationen zu den Angeboten des Technischen Beratungsdienstes finden Sie auf der Website des Integrationsamtes.

Mehr zum Thema beim "Forum Inklusion"

Das "Forum Inklusion" zum Thema "Digitalisierung als Motor der Inklusion" ist bereits geplant. Aufgrund der aktuellen Lage muss der Termin am 27. Mai 2020 jedoch voraussichtlich verschoben werden. Gerne halten wir Sie darüber auf dem Laufenden. Senden Sie dafür eine E-Mail an Dr. Oliver Borszik (borszik@kwb.de).

 

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