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Führungskräfte im Spannungsfeld zwischen Erwartungen, Anforderungen und Druck

Portrait von Andrea Kunwald Portrait von Andrea Kunwald
Unternehmens-Coach und Autorin Andrea Kunwald.

Führungskräfte stehen heute vor nie dagewesenen Herausforderungen: Digitalisierung, künstliche Intelligenz und der Wandel der Arbeitswelt erfordern schnelles Handeln und neue Kompetenzen. Druck entsteht von oben und unten, das heißt, Führungskräfte müssen den Spagat zwischen den Anforderungen der Unternehmensleitung und den Erwartungen der Mitarbeitenden vollbringen.

Im Interview spricht Unternehmens-Coach und Autorin Andrea Kunwald über die essenziellen Fähigkeiten moderner Führungskräfte, die Bedeutung von emotionaler Intelligenz und einer konstruktiven Fehlerkultur. Sie erklärt, wie Führungskräfte Überlastung vermeiden, Frauen gezielt fördern und generationsübergreifende Teams erfolgreich leiten können. Ihr wichtigster Rat? Wer empathisch, respektvoll und lernbereit führt, wird langfristig erfolgreich sein.

Frau Kunwald, wie hat sich die Rolle von Führungskräften in den letzten Jahren verändert?

Andrea Kunwald: Führung ist heute anspruchsvoller denn je und hat sich in wenigen Jahren stark verändert. Globalisierung, Digitalisierung und der Einsatz von künstlicher Intelligenz haben ihren Preis – Entscheidungen müssen schneller und oft unter größerer Unsicherheit getroffen werden. Zudem erwarten Mitarbeitende flexible Arbeitsmodelle und eine gute Work-Life-Balance.

Führungskräfte sind heute nicht mehr nur Entscheider/-innen, sondern auch Coaches, die ihre Teams sicher durch komplexe Veränderungen begleiten. Interessanterweise zeigt eine Studie, dass 85 Prozent der Unternehmen die Anpassung ihrer Führungskultur als zentrale Herausforderung sehen.

Welche Fähigkeiten sind für moderne Führungskräfte besonders wichtig?

Andrea Kunwald: Neben Fachwissen sind emotionale Intelligenz, Agilität und Innovationsfähigkeit essenziell. Diversität in Teams macht soziale Kompetenz und Empathie zu Schlüsselqualifikationen. Führungskräfte müssen Mitarbeitende für den Wandel begeistern und ihnen Ängste nehmen. Zudem sind offene Kommunikation, Transparenz und eine konstruktive Fehlerkultur entscheidend, um Ängste und Widerstände im Change-Prozess zu überwinden. Dabei ist besonders interessant, dass 60 Prozent der Führungskräfte eine fehlende Fehlerkultur als ein großes Hindernis in der Transformation angeben.

Wie können Führungskräfte Überlastung vermeiden und langfristig leistungsfähig bleiben?

Andrea Kunwald: Eine Umfrage zeigt, dass 72 Prozent der Führungskräfte Stress als eine der größten Herausforderungen in ihrer Rolle sehen. Dem Stress können sie Paroli bieten – durch gelassenes Nachdenken sowie durchdachtes Handeln und nicht zuletzt durch verstärktes Delegieren.  

Ein gutes Selbstmanagement mit klarer Priorisierung, Delegation und Abgrenzung zwischen Beruf und Privatleben ist unerlässlich. Sie müssen nicht alles können – sie müssen klug und verantwortungsvoll delegieren.

Die meisten Menschen haben auch viel zu wenig Wissen darüber, was sie alles ohne weiteren Zeitaufwand für sich selbst tun können. Persönliche Resilienz ist hier das A und O, ein "dickes Fell" hilft enorm. Viele Tipps für dieses "dicke Fell" habe ich in meinem Buch "Führungsfrequenz Respekt" zusammengefasst.

Richten wir den Fokus einmal auf Frauen: Was sind die wichtigsten Maßnahmen, um mehr Frauen in Führung zu bringen und zu halten?

Andrea Kunwald: Neue Arbeitsmodelle wie Teilzeitführung und Jobsharing in Führungspositionen sind auf dem Vormarsch. Sie ermöglichen es Frauen und im Übrigen auch Männern, Care-Arbeit und Karriere zu vereinbaren. Um Frauen im Unternehmen zu halten, muss gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit auch bei Führungspositionen etabliert sein. Da immer noch Unterschiede zu machen, kann sich kein Unternehmen mehr leisten.

Unternehmen sollten Quoten oder Zielvorgaben für die Besetzung von Führungspositionen durch Frauen definieren. Sie schaffen Role Models und ebnen den Weg für eine strukturelle Chancengerechtigkeit. Die Quote muss konsequent in Management-Zielvereinbarungen integriert und durch Monitoring kontinuierlich verfolgt werden.

Ist auch generationenübergreifende Zusammenarbeit ein Führungsthema?

Andrea Kunwald: Erfolgreiche Führungskräfte sind heute Brückenbauerinnen und Brückenbauer zwischen den Generationen. Zunächst muss das Unternehmen erkennen, dass generationsübergreifende Zusammenarbeit die Innovationskraft steigern kann und Know-how-Transfer erfolgskritisches Wissen im Unternehmen hält. Es ist daher eine wichtige Führungsaufgabe, altersdiverse Teams zu bilden und anzuleiten.

Wie können Führungskräfte die Zusammenarbeit in altersdiversen Teams mit einfachen Mitteln optimieren?

Andrea Kunwald: Führungskräfte sollten beispielsweise sicherstellen, dass Weiterbildungsangebote bis zum letzten Berufsjahr bereitgestellt werden. Ältere Mitarbeitende müssen bei allen Qualifizierungsangeboten angesprochen und berücksichtigt werden.

Eine klare und respektvolle Kommunikation ist außerdem entscheidend. Generationen haben unterschiedliche Kommunikationsstile, daher helfen regelmäßige Teamrunden und moderierte Diskussionen. Mentoring-Programme – sowohl klassisches als auch Reverse Mentoring – ermöglichen gegenseitiges Lernen.

Was ist Ihr wichtigster Rat für Führungskräfte der Zukunft?

Andrea Kunwald: Führung bedeutet, mit pausenlosem Wandel und ständigem Bedingungswechsel möglichst gelassen umgehen zu können. Die Veränderungsgeschwindigkeit und Disruption in Unternehmen durch verstärkten Einsatz von KI nimmt zu. Lernen wird für Unternehmen, Mitarbeitende und Führungskräfte überlebenswichtig.

Aber – wer empathisch und respektvoll führt, lebenslang gerne lernt und das auch im Unternehmen fördert, wird unweigerlich erfolgreich sein. Es geht darum, nicht nur die richtigen, verantwortungsvollen und nachhaltigen Entscheidungen zu treffen, sondern auch Mitarbeitende zu befähigen, selbst Verantwortung zu übernehmen und aktiv steuernd an Veränderungen direkt mitzuwirken. Die Führungskraft ist nun Leuchtturm, Brücke, Dienstleister und Startrampe zugleich.

Liebe Frau Kunwald, herzlichen Dank für das Gespräch. Wir freuen uns auf Ihren Impuls am 24. Juni 2025 beim Forum Qualifizierung und Wissensmanagement.

Forum Qualifizierung und Wissensmanagement

Praxisworkshop Führung 4.0 – Herausforderungen und Handlungsoptionen

Dienstag, 24. Juni 2025
von 15:00 Uhr bis 17:00 Uhr

Präsenzveranstaltung

KWB Koordinierungsstelle Weiterbildung und Beschäftigung e. V.
Haus der Wirtschaft
Kapstadtring 10
2. Stock
22297 Hamburg

Andrea Kunwald

Andrea Kunwalds Erfahrungsschatz umfasst Jahrzehnte Praxis in Wirtschaft und Aufsichtsräten. Sie ist Autorin mehrerer Managementhandbücher und hat für die Themen Fachkräfte, Digitalisierung und Einsatz von KI einen eigenen, aktuellen YouTube-Kanal.

Das praktische Umsetzen von Innovationen und Ideen in der Breite der Wirtschaft ist ihre Passion. Heute nutzt sie dieses Wissen als Unternehmenscoach und arbeitet direkt mit Unternehmen und Führungskräften daran, respektvoll und damit erfolgreicher zu führen, exzellente Führungskräfte zu finden und Mitarbeitende im Unternehmen zu halten. Außerdem unterstützt sie direkt dabei, in den Unternehmen die Digitalisierung und KI-Einführung voranzutreiben.

Der Leitsatz ihrer Arbeit: "Respektvolle und gute Führung heißt, Menschen die Angst zu nehmen, dann können Sie selbst und auch die anderen Menschen richtig groß werden und sein."

Kontakt


Die Netzwerkstelle "Demographie Netzwerk Hamburg" wird im Rahmen des Projekts "Fachkräfte für Hamburg" von der Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration der Freien und Hansestadt Hamburg finanziert und durch das Aktionsbündnis für Bildung und Beschäftigung Hamburg – Hamburger Fachkräftenetzwerk unterstützt.

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