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Mentoring-Fokus: Berufstätig mit einer Erkrankung oder Behinderung

Mentorin Sabine Behn Mentorin Sabine Behn
Sabine Behn engagiert sich ehrenamtlich als Mentorin im "Expertinnen-Netz. Mentoring für Frauen".

Das "Expertinnen-Netz. Mentoring für Frauen" hat seine Zielgruppe um Frauen mit einer Erkrankung oder Behinderung erweitert. Gemeinsam mit einer Mentorin können Mentees nächste berufliche Schritte oder den Wiedereinstieg planen. Sabine Behn ist zertifizierte BEM-Beraterin und engagiert sich ehrenamtlich als Mentorin im KWB-Projekt "Expertinnen-Netz". Im Interview erklärt sie, wie Frauen mit physischer oder psychischer Erkrankung von Mentoring im beruflichen Kontext profitieren können.

Wenn Sie auf Ihre eigene berufliche Biografie zurückschauen: Welche Faktoren waren für Sie hilfreich für ein gelingendes Berufsleben?

Sabine Behn: Das war tatsächlich eine gute Mischung aus bewusster Initiative und vermeintlichen Zufällen. Meine persönliche und damit auch berufliche Entwicklung wäre sicherlich anders verlaufen, hätte eine Freundin mir nicht ein Infokärtchen zum ersten Parlamentarischen Patenschaftsprogramm für junge Berufstätige mitgebracht, einem einjährigen work study program in den USA. Ich wurde angenommen und es begann ein Jahr mit vielen Herausforderungen, die ich allein zu bewältigen hatte – das Internet gab es damals noch nicht. Und so wusste ich nach diesem einem Jahr, dass ich mir sehr viel mehr zutrauen kann, als ich dachte, und dass es sich lohnt, Dinge mutig anzupacken.

Später hatte ich oft das Glück, dass diese Eigenschaft in meinem beruflichen Umfeld geschätzt wurde. So konnte ich neben meinem Job als Kreditanalystin in vielen weiteren Projekten mitarbeiten. Mit Weiterbildungen zum Coach und zur Change-Management-Beraterin konnte ich zusätzlich meiner Leidenschaft für Kommunikation und für ein gutes Miteinander der Menschen einen professionellen Rahmen geben. Das war gleichzeitig ein Grundstein für mein zweites Berufsleben als Coach und Beraterin zum Thema "Gesund arbeiten".

Wovon haben Sie sich bei wichtigen Entscheidungen leiten lassen?

Sabine Behn: Insgesamt hat es mir bisher immer geholfen, ein eher überschaubares Netzwerk von Freundinnen, Freunden, Kolleginnen und Kollegen zu haben, die mich gut kennen und mit denen ich immer in einem guten Austausch war. Für die vielen Anregungen aus diesem Kreis bin ich außerordentlich dankbar.

Und noch etwas hat mir auf meinem beruflichen Weg sehr geholfen: mein Leitmotiv der Stimmigkeit. Ich habe mich immer wieder gefragt, ob das, was ich gerade tue, gut zu mir und zu meiner Lebenssituation passt. So konnte ich immer gezielt Energie in das einbringen, was ich gerade tat, und meistens kam so von den Menschen um mich herum ganz viel Energie zu mir zurück.

Sie engagieren sich als Mentorin im KWB-Projekt "Expertinnen-Netz. Mentoring für Frauen". Was macht Ihnen Freude am Mentoring?

Sabine Behn: Mir macht es besonders viel Freude, wenn Frauen Lust haben, sich selbst noch einmal neu bzw. aus einer anderen Perspektive zu entdecken. Wenn es im Beruf Konflikte gibt, Entscheidungen anstehen oder Dinge sich einfach nicht mehr gut anfühlen, sind wir oft sehr konzentriert auf dieses eine Thema. Mit einer Mischung aus Fragen aus dem Coaching und aus eigenen Erfahrungen, die ich einbringe, wenn es passt, kommen wir im Gespräch häufig zu ganz neuen Blickwinkeln. Wie passt das, was ich als Ziel verfolge, zu den anderen Themen in meinem Leben, zum Beispiel meinem Alter, meiner Gesundheit und meiner familiären Situation? Oft zeigt sich dann ein neuer Weg quasi von selbst.

Was schätzen Sie am "Expertinnen-Netz. Mentoring für Frauen"?

Sabine Behn: Das Expertinnen-Netz ist ein so wunderbar menschliches Netzwerk, bestehend aus dem Team, das das Mentoring organisiert, und den Mentees und Mentorinnen. Dieses Interesse an den Menschen und der gute und persönliche Kontakt macht es aus meiner Sicht aus, dass genau die richtigen Mentees und Mentorinnen zusammenfinden und dann schnell in einen guten Austausch kommen.

Wie können aus Ihrer Sicht Frauen mit einer Erkrankung oder Behinderung vom Angebot des Expertinnen-Netzes profitieren?

Sabine Behn: Menschen mit einer Erkrankung oder Behinderung können im Beruf immer wieder in Situationen kommen, in denen ihre Bedürfnisse und auch ihre Fähigkeiten nicht gesehen oder berücksichtigt werden. Hier kann es hilfreich sein, im Mentoring die verschiedenen Interessen und auch möglichen Befindlichkeiten aller Beteiligten einmal von außen zu betrachten, um dann neue Wege zu finden, sich gut zu positionieren. Aus meiner Sicht können insbesondere Frauen vom Mentoring profitieren, deren Erkrankung oder Behinderung noch relativ neu ist.

Frau arbeitet an einem Laptop Frau arbeitet an einem Laptop
Menschen mit einer Erkrankung oder Behinderung können im Beruf immer wieder in Situationen kommen, in denen ihre Bedürfnisse und auch ihre Fähigkeiten nicht gesehen oder berücksichtigt werden“, erklärt Sabine Behn, Mentorin im "Expertinnen-Netz". Foto: pexels_marcus-aurelius

Vor welchen Herausforderungen stehen Frauen mit einer Erkrankung oder Behinderung im Berufsleben?

Sabine Behn: Aus meiner Moderatorinnen-Rolle für die Gruppe "Krebs und Arbeit" bei der Hamburger Krebsgesellschaft e. V. kenne ich eine große Vielfalt von Fragen, die sich damit plötzlich ergeben: Wie schätze ich meine Kräfte für den Wiedereinstieg richtig ein? Wie begegne ich den Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen, die mich ganz anders kennen? Welchen Einfluss habe ich auf eine gute berufliche Wiedereingliederung? Welchen Stellenwert hat die Selbstsorge zukünftig in meinem Leben? Kann oder möchte ich wieder zurück in meinen alten Beruf oder möchte ich vielleicht etwas ganz anders tun?

Können Sie diese Fragen beantworten?

Sabine Behn: Die Antworten sind natürlich immer individuell. Im Mentoring können wir gemeinsam schauen, ob die früheren Lebensmuster jetzt noch hilfreich sind oder ob es möglicherweise ganz andere Perspektiven gibt, die besser zur neuen Lebenssituation passen. Abhängig vom beruflichen oder persönlichen Erfahrungshintergrund der Mentorin können auch Ideen für Anlaufstellen für spezielle Fragestellungen in das Mentoring einfließen, zum Beispiel für Fördermöglichkeiten für berufliche Weiterbildung, für Anpassungsmaßnahmen am Arbeitsplatz oder für sozialrechtliche Fragen.

Welche Wünsche und Tipps haben Sie für Frauen mit einer Erkrankung oder Behinderung, die in den Beruf zurückkehren oder sich beruflich weiterentwickeln möchten?

Sabine Behn: Gewinnen Sie zuerst Klarheit über Ihre eigenen Wünsche, Möglichkeiten und auch Grenzen. Dann wird es Ihnen leichter fallen, darüber zu sprechen. Und je klarer Sie mit sich selbst sind, desto einfacher wird es für Ihr Gegenüber, mit Ihnen unbefangen über Ihren weiteren beruflichen Weg zu sprechen.

Tauschen Sie sich mit möglichst vielen Menschen aus, die ähnliche Herausforderungen bereits gemeistert haben oder die sich beruflich mit Ihren Themen befassen. Sie finden diese Menschen zum Beispiel auch im Kreis der Mentorinnen des „Expertinnen-Netzes“. Lassen Sie sich nicht entmutigen, wenn der eine oder andere Kontakt möglicherweise nicht direkt Ihre Frage beantworten kann. Dafür gibt es vielleicht die eine oder andere Anregung, an die Sie wiederum gar nicht gedacht haben. Entwickeln Sie dabei ein gutes Gespür dafür, wer Ihnen wirklich guttut. Im Mentoring legen wir Wert darauf, dass es beiden Seiten gutgeht. Dafür lernen Sie eine Mentorin zunächst kennen und wenn es für Mentee und Mentorin gut passt, geht es weiter. Mentoring ist immer eine Chance.

Vielen Dank, liebe Frau Behn, für das Gespräch und Ihr Engagement im "Expertinnen-Netz. Mentoring für Frauen".

Mentee oder Mentorin werden

Wenn Sie als Mentee Teil des "Expertinnen-Netzes" werden möchten, übersenden Sie uns gern den ausgefüllten Fragebogen. Ausgehend davon lernen wir Sie und Ihre Wünsche in einem Erstgespräch genauer kennen und besprechen, ob sich ein Mentoring für Sie eignet.

Wenn Sie sich als ehrenamtliche Mentorin im "Expertinnen-Netz" engagieren möchten, nehmen Sie gern jederzeit per E-Mail (expertinnen-netz@kwb.de) oder telefonisch Kontakt zum Projektteam auf.

Wir freuen uns auf Sie!

Fragebogen

Kontakt


Das "Expertinnen-Netz. Mentoring für Frauen" wird im Rahmen des Projekts "Fachkräfte für Hamburg" von der Sozialbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg finanziert. 

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