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Hamburger Arbeitsmarktpolitik für Frauen

Das Expertinnen-Netz. Mentoring für Frauen empfing bei seinem letzten Netzwerktreffen der Mentorinnen Claudia Hillebrand (im Bild) als Impulsgeberin. Sie ist Referentin in der Hamburger Behörde für Wirtschaft, Arbeit und Innovation und zuständig für Frauen sowie ältere Beschäftigte. Sie begleitet das öffentlich geförderte Expertinnen-Netz von Behördenseite. Wir haben sie im Nachgang der Veranstaltung vertiefend zum Thema "Die Hamburger Arbeitsmarktpolitik für Frauen" befragt.

Claudia Hillebrand bei ihrem Vortrag beim Claudia Hillebrand bei ihrem Vortrag beim

Liebe Frau Hillebrand, können Sie uns den Status quo von Frauen am Hamburger Arbeitsmarkt auf Basis der Datenlage kurz umreißen?

Claudia Hillebrand: Frauen sind in Hamburg stark am Arbeitsmarkt beteiligt – ihre Erwerbstätigenquote liegt bei rund 72 Prozent. Zum Vergleich: Die der Männer liegt bei knapp 79 Prozent. Jedoch arbeiten Frauen häufiger in Teilzeit oder in geringfügiger Beschäftigung. Besonders deutlich wird das, wenn man nach Altersgruppen oder familiärer Situation differenziert: Mit der Geburt des ersten Kindes reduzieren vor allem Mütter ihre Erwerbsarbeit erheblich häufiger als Väter und verbleiben dann in Teilzeit.

Was steht einer Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt im Wege?

Claudia Hillebrand: Ein zentrales Hindernis ist die ungleiche Verteilung von Sorgearbeit. Frauen übernehmen rund 44 Prozent mehr unbezahlte Care-Arbeit als Männer, was ihre Möglichkeiten für Vollzeiterwerbstätigkeit einschränkt. Hinzu kommt der fortbestehende Gender Pay Gap – in Hamburg beträgt er unverändert 18 Prozent. Diese Unterschiede ziehen sich durch die gesamte Erwerbsbiografie bis hin zur Rente.

Grafik, die zeigt, dass die Einkommenunterschiede zwischen den Eltern nach der Geburt eines Kindes signifikant werden. Grafik, die zeigt, dass die Einkommenunterschiede zwischen den Eltern nach der Geburt eines Kindes signifikant werden.
Die Grafik zeigt, dass die Einkommensunterschiede zwischen den Eltern nach der Geburt eines Kindes signifikant werden.

Welche Risiken sehen Sie in der aktuellen Situation für Frauen?

Claudia Hillebrand: Vor allem die Gefahr der Abhängigkeit und der Altersarmut. Frauen verdienen im Schnitt weniger, arbeiten häufiger in Teilzeit und unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit eher für Care-Aufgaben. Das führt zu niedrigeren Rentenanwartschaften. 2024 lagen die durchschnittlichen eigenständigen Alterseinkünfte von Frauen rund 37 Prozent unter denen der Männer – das waren im Schnitt über 10.000 Euro weniger.

Was bedeutet die Lage für die Hamburger Fachkräftestrategie? Welches Ziel verfolgt sie?

Claudia Hillebrand: Die Fachkräftestrategie Hamburgs setzt auf eine höhere Erwerbsbeteiligung aller Menschen, unter anderem durch attraktive Arbeitsbedingungen sowie berufliche Aus- und Weiterbildung. Ein wichtiges Leitziel der Hamburger Arbeitsmarktpolitik ist zudem, die wirtschaftliche Eigenständigkeit von Frauen zu fördern. Dafür verbessern wir Rahmenbedingungen, die es Frauen erleichtern, ihre Potenziale noch besser einzubringen.

Im Jahr 2013 haben der Senat, die Arbeitsverwaltung sowie die Wirtschafts- und Sozialpartner die erste Hamburger Fachkräftestrategie entwickelt. Sie ist seither der Handlungsrahmen für ein gemeinsam abgestimmtes Vorgehen in den für die Arbeits- und Fachkräftesicherung relevanten Politikfeldern.

Das Fachkräftenetzwerk profitiert von kurzen Kommunikationswegen und kann bei Bedarf schnell und abgestimmt reagieren sowie neue Angebote etablieren.

Welche Maßnahmen der Hamburger Arbeitsmarktpolitik sehen Sie als besonders wichtig an?

Claudia Hillebrand: Wichtige Stellschrauben sind die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie – etwa durch den weiteren Ausbau von Kinderbetreuung und Pflegeinfrastruktur –, die Reduktion von Minijobs sowie Programme zur Qualifizierung und zum Wiedereinstieg. Außerdem unterstützt Hamburg gezielt Frauen in MINT-Berufen und Führungspositionen, zum Beispiel mit dem Projekt Pro Exzellenzia. Darüber hinaus befasst sich derzeit eine AG im Fachkräftenetzwerk mit dieser Thematik.

Wir haben beim Netzwerktreffen eine lebhafte Diskussion mit den Mentorinnen erlebt. Unter anderem kam die Frage im Publikum auf, welche konkreten Angebote die Stadt Hamburg in Bezug auf die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf bereithält. Was konnten Sie darauf antworten?

Claudia Hillebrand: Hamburg setzt auf verschiedene Angebote: Für pflegende Angehörige sind die Pflegestützpunkte eine kompetente Anlaufstelle. Darüber hinaus unterstützt ein Pflegenottelefon rund um die Uhr in Pflege-Notfallsituationen. Das Projekt Fairplay berät zur Vereinbarkeit von Sorgearbeit und Beruf und das ServiceCenter Teilzeitausbildung unterstützt bei der Suche eines passenden Ausbildungsplatzes. Zudem setzen wir uns für modulare Qualifizierungs- und flexible Wiedereinstiegsprogramme ein.

Ziel ist, Frauen in allen Lebensphasen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern.

Sie haben die Mentorinnen auch danach gefragt, wo sie Handlungsbedarf sehen. Genannt wurde unter anderem der Vorschlag, mit politischen Maßnahmen die Chancen auf dem Arbeitsmarkt für Frauen 50plus zu verbessern. Wie stehen Sie dazu?

Claudia Hillebrand: Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Das Erfahrungswissen und die Arbeitskraft von Mitarbeitenden 50plus ist ein unverzichtbarer Schatz für den Arbeitsmarkt. Unternehmen, die dieses Potenzial genauso fördern wie ihre jungen High Potentials, sind für den demografischen Wandel gut aufgestellt. Hamburg hat zudem Weiterbildungs-, Quereinstiegs- und Wiedereinstiegsangebote für den beruflichen Neustart – beispielsweise mit den Programmen Level up! 2.0 oder Traumjob Handwerk.

Wie kann Mentoring aus Ihrer Sicht berufstätige Frauen unterstützen?

Claudia Hillebrand: Mentoring stärkt Frauen individuell durch Beratung und Perspektivwechsel in einem vertrauensvollen Rahmen. Es bietet Orientierung, Wissenstransfer und Zugang zu beruflichen Netzwerken. Vor allem aber können Mentorinnen Frauen empowern, indem sie eigene Erfahrungen teilen und ermutigen, neue Schritte zu gehen. Der Austausch mit den Mentorinnen im Expertinnen-Netz. Mentoring für Frauen hat mir wieder gezeigt, wie wertvoll und stärkend Mentoring für Frauen sein kann.

Herzlichen Dank, liebe Frau Hillebrand, für das Interview und Ihren spannenden Impuls beim Netzwerktreffen der Mentorinnen.

Mentee oder Mentorin werden

Wenn Sie als Mentee Teil des "Expertinnen-Netzes" werden möchten, übersenden Sie uns gern den ausgefüllten Fragebogen. Ausgehend davon lernen wir Sie und Ihre Wünsche in einem Erstgespräch genauer kennen und besprechen, ob sich ein Mentoring für Sie eignet.

Wenn Sie sich als ehrenamtliche Mentorin im "Expertinnen-Netz" engagieren möchten, nehmen Sie gern jederzeit per E-Mail (expertinnen-netz@kwb.de) oder telefonisch Kontakt zum Projektteam auf.

Wir freuen uns auf Sie!

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Kontakt


Das "Expertinnen-Netz. Mentoring für Frauen" wird im Rahmen des Projekts "Fachkräfte für Hamburg" von der Behörde für Wirtschaft, Arbeit und Innovation der Freien und Hansestadt Hamburg finanziert. 

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