Herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des Deutschen Schulpreises! Was bedeutet diese Auszeichnung für Sie persönlich, liebe Frau Seemann, das gesamte Kollegium und die Schülerinnen und Schüler an der Grundschule An der Burgweide?
Regine Seemann: Vielen Dank! Zunächst einmal ist dieser Preis eine große Freude und eine Riesenbestätigung für all das, was wir mit Herzblut und Überzeugung über viele Jahre hinweg aufgebaut haben. Die Preise bedeuten große Anerkennung für eine langfristige, gemeinsame Haltung und auch für die vielen unbeachteten, täglichen Schritte.
Wir haben uns 2025 bereits zum zweiten Mal beworben; beim ersten Mal schafften wir es „nur“ unter die Top 20. Heute aber gehört unsere Schule zu den Preisträgern und zugleich sind wir eine von drei Schulen, die den neuen Themenpreis Demokratiebildung erhalten haben. Dass diese Auszeichnung genau in unserem Jubiläumsjahr stattfindet – wir feiern 50 Jahre Schule An der Burgweide – empfinde ich als ein schönes Geschenk. Als Schule, die lange Zeit nicht oft gewählt wurde, ist das für uns eine späte, aber umso bedeutendere Ernte dessen, was wir über Jahre investiert haben: Beim Public Viewing zur Verleihung in der Schule haben wir den Livestream hier gezeigt und als die Kinder lauthals jubelten, als klar wurde: „Die Schule für alle“ hat gewonnen, war das für alle überwältigend.
In der Jurybegründung wird besonders die "Kultur des Miteinanders" hervorgehoben. Wie gelingt es Ihnen, diese Haltung im Schulalltag zu leben?
Regine Seemann: Hospitantinnen und Hospitanten, die zu uns kommen, berichten immer wieder davon, wie schön sie es finden, dass alle an der Schule so freundlich sind. Diese Rückmeldung freut uns besonders und ich denke, vor allem das jahrgangsübergreifende Lernen ist ein Grund für das gute Klima und die gute Atmosphäre an der Schule: Die Kinder arbeiten in gemischten Lerngruppen. Wenn Erstklässlerinnen und Erstklässler in eine bereits bestehende Lerngruppe hineinkommen, dann lernen alle, Verantwortung füreinander zu übernehmen und sich gegenseitig zu unterstützen. Ein zweiter zentraler Faktor ist unsere gelebte Inklusion: Vielfalt wird hier als Ressource und Selbstverständlichkeit gesehen.
Die Grundschule An der Burgweide ist auch Teil des Projekts Schulmentoren. Welche Rolle spielt die Zusammenarbeit mit den Elternmentorinnen und -mentoren für das Schulklima und den Bildungserfolg der einzelnen Schülerinnen und Schüler?
Regine Seemann: Das Schulmentoren-Programm ist fest in unseren Schulalltag integriert – wir sind von Anfang an seit dem Jahr 2014 mit dabei. Die Elternmentorinnen und Elternmentoren sind omnipräsent an unserer Schule: Sie sind vernetzt, engagiert und haben ihren festen Ort im Schulleben. Sie bieten täglich einen Elterntreff von 8:00 bis 11:00 Uhr an. In dieser Zeit tauschen sich die Eltern aus, helfen sich gegenseitig, bringen Themen ein und unterstützen auch bei Sprachbarrieren. Sie sind eine wirkliche Stütze für das Schulklima. Durch ihre Beteiligung wird das Schulleben transparenter und näher, sie schaffen Brücken zwischen Schule, Lehrkräften und den Lebenswirklichkeiten der Familien.
Welche Erfahrungen oder Empfehlungen möchten Sie anderen Schulen mitgeben, die sich auf den Weg machen möchten, ihre Lern- und Schulkultur weiterzuentwickeln?
Regine Seemann: Unsere wichtigste Erfahrung ist, die Wünsche und Stimmen der Kinder ernst zu nehmen. Wenn sie ihre Themen einbringen und Selbstständigkeit entwickeln dürfen, entsteht echte Beteiligung, gerade auch bei Demokratiethemen. Wir möchten Kinder dazu ermutigen, den Unterricht aktiv um- und mitzugestalten. Das haben wir an der Schule zum Beispiel mit dem Lernbüro oder dem Format "Lernen durch Engagement" umgesetzt: Im Lernbüro arbeiten die Kinder selbstständig an individuellen Lernzielen, während sie beim "Lernen durch Engagement" reale gesellschaftliche Aufgaben übernehmen und erleben, dass ihr Handeln Wirkung zeigt.
Und es gehören auch Rückschläge dazu. Wer seine Schul- und Lernkultur weiterentwickeln möchte, sollte sich nicht entmutigen lassen, wenn es mal stockt. Wichtig ist, den Weg konsequent und authentisch weiterzugehen. Manchmal kommt die Anerkennung etwas später, aber dafür ist sie dann umso schöner.
Liebe Frau Seemann, ganz herzlichen Dank für das Interview und nochmals herzlichen Glückwunsch!